Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014
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spätantiKe lanzenspitzen mit tauscHierungen
Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014, 237–246
Dieter Quast
spätantiKe lanzenspitzen mit tauscHierungen
spearheads with silver inlay in Late antiquity. this
article is focussed on the spearheads with silver inlay
which appear suddenly in the roman empire in late
antiquity. in the previous centuries lots of spearheads
with inlay are known from southern scandinavia and
the przeworsk culture. therefore the possibility is dis‑
cussed, if the spearheads with silver inlay — they
were distributed only in north‑eastern gaul —
could be a material reflex of the barbarisation of
the late roman army.
Późnoantyczne groty ze srebrnymi inkrustacjami.
artykuł omawia groty broni drzewcowej ze srebrnymi
inkrustacjami, których znaleziska pojawiają się na terenie
państwa rzymskiego w późnej starożytności. We wcze‑
śniejszym okresie liczne groty z inkrustacjami poświadczo‑
ne są na obszarze południowej skandynawii oraz w śro‑
dowisku kultury przeworskiej. z tego względu rozważana
jest kwestia, czy groty ze srebrnymi inkrustacjami,
które pochodzą jedynie z północno‑wschodniej galii,
mogą stanowić materialny przejaw barbaryzacji armii
rzymskiej w okresie późnego cesarstwa.
B
schon häufiger besonderes interesse entgegen‑
gebracht (zuletzt Hachmann 1993). dabei
blieben die Fundanalysen auf das Barbaricum
beschränkt, während das römische reichsgebiet
und somit auch die Wechselwirkungen zwischen
beiden räumen nicht diskutiert wurden.
als ausgangspunkt für den folgenden Beitrag
soll eine knapp 80 cm lange und über 2 kg schwere
prunklanze aus dem merowingerzeitlichen gräber‑
feld von Bargen (gem. Helmstadt‑Bargen, rhein‑
‑neckar‑Kreis, d) dienen (abb. 1: 1), die aus dem im
zweiten Viertel des 7. Jahrhunderts angelegten grab
7 stammt (Kat. mainz 1980, 142–143, nr. 207;
Koch 1982, 43–44, taf. 6,7). die datierung des
stückes gestaltet sich schwierig, da sie ohne direkte
Vergleiche ist. die bichrome ornamentik, besonders
die spiralhaken wurden mit der tauschierung auf
dem eisernen Klappstuhl aus nocera umbra (prov.
perugia, i) grab 5 verglichen, womit gleichzeitig
ein argument für eine Herkunft aus dem langobar‑
denzeitlichen italien möglich erschien (Koch 1982,
44), fehlen doch vergleichbare muster im reihengrä‑
etrachtet man die kaiserzeitlichen Krieger‑
gräber und die großen mooropferfunde, so
fällt schnell auf, dass lanzen‑ und speerspitzen
(zur terminologie ilkjær 1990, 29, 31; Bem‑
mann, Bemmann 1998, 171) die quantitativ
herausragenden Waffengruppen darstellen.
mehrere studien der letzten Jahrzehnte haben
eine typochronologische ordnung des materials
erarbeitet, so etwa Jørgen ilkjær (1990) für illerup
( Jütland, dK) und die skandinavischen männergrä‑
ber oder piotr Kaczanowski (1995) für das gebiet
der przeworsk‑Kultur. im gegensatz zu vielen ande‑
ren Waffen sind bei den lanzen‑ und speerspitzen
kaum qualitativ herausragende „prunkwaffen“ zu
erkennen. sicherlich bieten schmiedetechnische und
materialanalytische untersuchungen ansatzpunk‑
te, aber es gibt auch mit bloßem auge erkennbare
dekormotive, die einige Blattwaffen aus der masse
hervorheben. dabei handelt es sich um tauschierun‑
gen, zumeist mit silber, aber auch mit Buntmetallen
ausgeführt. in der Forschung wurde den mit runen
und anderen symbolen verzierten exemplaren zwar
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Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014
abb. 1. 1a–b. tauschierte lanzenspitze aus Bargen (gem. Helmstadt‑Bargen, rhein‑neckar‑Kreis, d) grab 7. m. 1:4
(nach Koch 1982, taf. 6,7). — 2a–b. römische lanzenspitze aus eining (lkr. Kehlheim, d) mit darstellungen der
Victoria und des mars, beide in Kupfertauschierung. m. 1:3 (nach Kat. rosenheim 2000, 336 Kat.‑nr. 40f.)
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spätantiKe lanzenspitzen mit tauscHierungen
berzeitlichen nordalpinen raum komplett. die auf
dem Blatt der Bargener lanzenspitze angebrachten
tauschierungen sind allerdings — im gegensatz
zu denen auf dem italischen Klappstuhl — in
rahmenden Kreisen und rechtecken eingebracht.
derartige aufteilungen sind geradezu regelhaft auf
den spätrömischen Kerbschnittgarnituren zu beob‑
achten (z. B. Böhme 1974, 54, abb. 14) und daher
ist wohl eher von einem „altstück“ auszugehen, das
aufgrund seiner besonderen Bedeutung lange zeit
in „Familienbesitz“ blieb.
gerade aus dem späten 4. und 5. Jahrhundert
sind einige Vergleiche zur prunklanze aus Bargen
überliefert. am bekanntesten ist vermutlich das
exemplar aus dem grab des „chef militaire“ aus Ver‑
mand (dép. aisne, F), datiert um 400 n. chr. neben
geometrischen ornamenten aus silber und Kupfer
(stern‑ und Kreismuster) sind auf dem Blatt reste ei‑
ner nicht mehr rekonstruierbaren inschrift erhalten:
(V)HeVtoBio(V)..ViK(a) (Kat. mainz 1980,
173 nr. 271,f ). zwei weitere lanzenspitzen mit
tauschierten inschriften sind hier zu nennen, eine
davon stammt aus Bourges (dép. cher, F). auf bei‑
den seiten des Blattes des 58 cm großen exemplars
fand sich die kupfertauschierte inschrift patri
ciVsz reg iVs. die nennung eines königlichen
patricius kann sich nach Konrad Weidemann „im
gallien des 5. Jhs. nur auf einen hohen Beamten
eines germanischen Königs beziehen“, wobei im
Falle von Bourges an Westgoten zu denken sei (Kat.
mainz 1980, 141 nr. 205, a; Bailly 1984; Kazanski,
périn 2008, 188. zum Fundort vgl. zeiss 1941, 41–
42, nr. 2b; pinar, ripoll 2007, 83 mit abb. 12,d).
auch die lanzenspitze aus cutry (dép. meurthe‑et‑
‑moselle, F) grab 1004 weist auf beiden seiten des
Blattes eine silbertauschierte inschrift auf (legoux
2005, 30 [Farbtaf.], 84–85, 469): QVic(umque)
audet raBit / oBulu[m] reperis sowie
auf der rückseite Haec i?V?[4–5]rV[m]? /
stringat VenaBulu(m) si[l]Vas «Wer
auch immer waghalsig ist (und) tobt — den lohn
findest du». — «diese ... möge die saufeder zücken
(gegen) die Wälder (hin)»1. die inschrift deutet
also auf die Funktion als Jagdwaffe.
die lesung und Übersetzung verdanke ich dem epigraphi‑
ker meines Vertrauens, dr. markus scholz, rgzm. — legoux
(2005, 469) liest abweichend: QVi(g)audetraBia(e)
1
die erwähnten lanzenspitzen gehören zu einer
relativ kleinen gruppe, die durch ein massives Blatt
mit deutlichem mittelgrat, vierkantiger Blattspitze
und aufhaltern mit tierkopfenden charakterisiert
ist. auch unverzierte exemplare sind bekannt, etwa
aus nismes (prov. namur, B) (Kat. mainz 1980, 142
nr. 206) oder Hammelburg (lkr. Bad Kissingen, d),
dort sind die aufhalter aber nicht in tierköpfen
endend (Koch 1967, taf. 25,12). das gilt auch
für das exemplar aus dem Fürstengrab 1782 aus
Krefeld‑gellep, an dessen tülle sich aber einige
punktförmige messingeinlagen zeigen (pirling 1974,
Bd. ii, 64, taf. 46,1).
zu den tauschierten prunklanzen des 4./5. Jahr‑
hunderts sind zwei weitere exemplare zu rechnen,
die allerdings keine aufhalter aufweisen, was jedoch
an der erhaltung oder auch an einer unsachgemäßen
Bergung liegen kann. sie stammen aus der mosel
bei trier und Hérapel bei cocheren (dép. moselle,
F) (Kat. trier 1984, 294–298 Kat.‑nr. 155a.c; Kat.
trier 2007, Kat.‑nr. i.12.30 und i.12.31). Während
die trierer lanze mit der inschrift anBianioni
(personenname) ViVas versehen ist, weist dieje‑
nige aus Hérapel auf der tülle die inschrift nem‑
nianiVs (personenname) Venator („Jäger“)
ViVas auf. Wichtigstes gemeinsames merkmal
beider spitzen ist aber die darstellung jeweils eines
Büstenpaares auf jeder Blattseite. Heinz cüppers
sieht hierin Kaiserpaare und denkt an Valentinian
i und gratian; als trägern der Waffen vermutet er
kaiserliche leibgardisten (Kat. trier 1984, 296).
Vergleichbare, niellierte Büsten gibt es auch auf
einigen zwiebelknopffibeln des typs 5; sie werden
ebenfalls als Kaiserportraits gedeutet (Kaufmann‑
‑Heinimann 2003, 154–160; tóth 1994, 136–162;
dumanov 2007).
aus dem tempelbezirk im trierer altbachtal
soll eine weitere schwere tauschierte lanzenspitze
mit aufhaltern stammen, die allerdings verschollen
ist und von der keine abbildung existiert2 (Böhner
1958, 159; Koch 1982, 44 mit anm. 28).
auch wenn zwei der tauschierten prunklanzen
durch inschriften mit der Jagd in Verbindung ge‑
oBuiu( ) re( )epis sowie Haec(i)( )( )( )rV( )
stringatVena( )V( )( )s( )V( )s ().
2
Für eine erneute Kontrolle der trierer archive und ma‑
gazine möchte ich Frau dr. sabine Faust vom rheinischen
landesmuseum trier herzlich danken.
239
Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014
bracht werden, wird man sie nicht ausschließlich
als “saufedern“ interpretieren wollen, gibt es doch
exemplare mit aufhaltern, die erkennbar andern
zwecken dienten. dies ergibt sich u.a. aus einem
sorgfältig geborgenen Hortfund, der in den Jahren
2001 bis 2007 an den nordöstlichen Hängen des
palatin in rom entdeckt wurde und der mit der
Herrschaft des usurpators maxentius (306–312),
bzw. mit dessen niederlage und tod in der schlacht
an der milvischen Brücke in Verbindung gebracht
wird (zuletzt panella 2011, 72–76). einige der im
Hort enthaltenen lanzenspitzen bestehen aus eisen
und einer messingähnlichen legierung von goldähn‑
licher Färbung (Aurichalcum), sind also zweifarbig.
aufgrund anhaftender seidenreste werden sie als
standarten interpretiert und rekonstruiert (panella
2011, 28–36). „Fahnenlanzen“ ohne aufhalter sind
bereits aus den vorhergehenden Jahrhunderten
bekannt (vgl. z.B. egger 1999; gschwind 2004,
taf. 75,d24; mráv 2011, abb. 9). in unserem
Kontext ist ein exemplar aus eining Abusina (lkr.
Kelheim) von besonderer Bedeutung (abb. 1: 2),
zeigt es doch mit Kupferdraht eingelegt mars und
Victoria, jeweils unter einem Halbmond (Kat. ro‑
senheim 2000, 336 nr. 40i; gschwind 2004, 185,
taf. 76, d26). doch haben diese lanzenspitzen
noch keinen aufhalter.
aber kehren wir zu den spätantiken exemplaren
zurück. textilreste fanden sich auch an der tauschier‑
ten lanzenspitze aus rhenen (prov. utrecht, nl)
grab 839 (Kat. mainz 1980, 151 nr. 222; Wagner,
Ypey 2011, 610–613 mit taf. 47). die Bestattung
kann aufgrund der gürtelgarnitur in die erste Hälfte
des 5. Jahrhunderts datiert werden (Wagner, Ypey
2011, 611). auch die lanzenspitze aus cutry deutet
auf eine Verwendung als standarte, denn die löwen‑
köpfe der aufhalter sind durchbohrt — vermutlich
zur aufhängung eines „Wimpels“. ein gut vergleich‑
barer, ebenfalls durchbohrter löwenkopf ist aus der
spätrömischen Höhensiedlung von Vireux‑molhain
(dép. ardennes, F) überliefert (lemant 1985, 59,
abb. 60,5) und stellt sehr wahrscheinlich den rest
einer vergleichbaren prunklanze dar.
selbst aus der merowingerzeit liegen noch auf‑
fällige lanzenspitzen vor, die aufgrund anhaftender
textilreste als „Fahnenlanzen“ interpretiert werden
(paulsen 1967, 107–108, 114, abb. 58; zu mero‑
wingerzeitlichen lanzenspitzen mit aufhaltern vgl.
240
zusammenfassend Koch 1982, 40–44). Vereinzelt
treten auch tauschierte exemplare auf. diejenige aus
ulm (paulsen 1967, 111, abb. 57, 3, 112) ist mit
dem christlichen Kreuz geschmückt, während eine
andere, aus Wurmlingen (lkr. tuttlingen) (paulsen
1967, 111, abb. 57: 8, 113) die runeninschrift
„dorrih“, wohl ein Hersteller‑ oder Besitzername,
zeigt. ein Kuriosum stellt eine lanzenspitze mit
einer herz‑ oder nierenförmigen, gelb ‑rot‑grünen
emailverzierung aus dem angelsächsisches grab von
lowbury Hill bei compton (oxfordshire, uK) dar
(Fulford et al. 1994, 202–206, abb. 17).
Während die Funktion der tauschierten lanzen‑
spitzen mit aufhaltern aus dem römischen reich
hergeleitet werden kann, so taucht die Verzierungs‑
technik, die tauschierung, relativ plötzlich auf den
spätantiken lanzenspitzen auf. zwar gibt es auch in
den Jahrhunderten zuvor mit metalleinlagen ver‑
zierte Waffenteile, doch handelt es sich zumeist um
dolchscheiden (obmann 2000, 22–26, taf. 1–10;
14–24), dosenortbänder (Biborski, Quast 2006;
miks 2007, 350–362, taf. 253–258), parierstangen
und ringknäufe (miks 2007, 177–187, taf. 180–
184) oder einen jüngst publizierten schwertgriff aus
dem osttiroler lienz — Aguntum (abb. 2). metal‑
linkrustationen treten auch auf schwertklingen als
marken auf (Biborski, ilkjær 2006, 296–304), nur
eben nicht auf speer‑ und lanzenspitzen. im 5. Jahr‑
hundert findet die technik auch anwendung auf
messerklingen, taschenbügeln und gürtelschnallen
(Böhme 1974, 129; Kat. mainz 1980, 147–148
abb. 216.f.). im gegensatz zu den zumeist sehr
feinen tauschierungen des 3. Jahrhunderts sind die
jüngeren oftmals etwas „einfacher“ und bestehen aus
Kreisaugen und zahnradmotiven. zeitlich besteht
zwischen beiden gruppen ein Hiatus, der wohl gut
60 Jahre umfasst.
Vor diesem Hintergrund können die tauschierten
lanzenspitzen aus den nordöstlichen reichspro‑
vinzen erneut diskutiert werden. dabei muss der
Blick auf die gebiete jenseits des limes gerichtet
werden, denn aus dem Barbaricum liegen zahlreiche
derartig verzierte spitzen vor (Kaczanowski 1988;
droberjar, peška 2002, 109–111; madyda‑legutko,
rodzińska ‑nowak, zagórska ‑telega 2007, 64,
abb. 5). die ältesten davon datieren ins ausgehende
erste nachchristliche Jahrhundert (Kaczanowski
1988, 55; adler 1993, 92, anm. 269; andrzejowski
spätantiKe lanzenspitzen mit tauscHierungen
abb. 2. schwertgriff aus lienz — Aguntum (tirol, a),
Bronze mit feiner silber‑ und messingtauschierung
sowie niello. m. ca. 1:2 (nach Walde, grabherr 2007,
98 Kat.‑nr. 200)
1998, 73–74) und sie sind kontinuierlich bis in die
jüngere Kaiserzeit überliefert, aus der die meisten
exemplare stammen. einer der beiden Verbreitungs‑
schwerpunkte liegt im Bereich der przeworsk‑Kultur,
ein zweiter im südlichen skandinavien (Kaczanow‑
ski 1988, 52, abb. 1; droberjar, peška 2002, 110,
abb. 8). neben unterschiedlichen symbolen wie
sonne und mond treten auch runen auf — und als
geläufigstes element Kreisaugen, bzw. konzentrische
Kreise (ilkjær 1990, 32–33; Hachmann 1993). ein
spätkaiserzeitlicher nachweis für eine tauschierte
lanzenspitze ist aus nydam i (sonderborg amt,
Jütland, dK) bekannt (Bemmann, Bemmann 1998,
taf. 111,992). es handelt sich allerdings nur um
ein exemplar vom typ mollestad, der in die zweite
Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert (Bemmann, Bem‑
mann 1998, 181; zur chronologie vgl. auch ilkjær
1990, 301–303; „gruppe 10 und 11“; Bemmann,
Hahne 1994, 312–316). interessanterweise gibt es
auch einige exemplare aus den gebieten des (ehe‑
maligen) römischen reiches. leider undatiert ist ein
exemplar aus dem angelsächsischen gräberfeld von
Baginton (Warwickshire, uK) (abb. 3: 1) (evison
1958, 243, taf. XXVii, c). ohne Kontext ist eine
lanzenspitze aus der nekropole „croix‑rouge“ aus
Éprave (prov. namur, B) überliefert (abb. 3: 2); sie
stammt wahrscheinlich aus der Frühzeit der vom
4.–7. Jahrhundert andauernden Belegung (dasnoy
1953–54, 278–279, taf. iV; Böhme 1974, 288).
aufgrund der schlechten erhaltung ist die Blattform
nicht mehr zu bestimmen, aber die silbertauschier‑
ten Kreise und „zahnräder“ sind klar zu erkennen.
in beiden Fällen ist nicht zu entscheiden, ob
es sich um skandinavische lanzenspitzen handelt
oder um lokale produkte, doch die „Vorlagen“ für
die tauschierungen der exemplare aus Éprave und
Baginton sind in den großen mooropfern zu finden
(vgl. z. B. Vimose: ilkjær 1975, 135, abb. 19, 140
abb. 26a, 142, abb. 28. — ejsbøl: Ørsnes 1988,
taf. 126,3–5.7; 134,11; 135,5.7. — illerup: ilkjær
1990, taf. 60,atu; 62,dor; 69,iXB; 70,lKY;
73,mtl;75,pnu; 76,QaW; 78 rcQ.rKH;
80,scu; 81,sm; 88,VWp; 90,WtQ; 97,YVu;
108,aaWW;111,Fnaa; 173,aaFa; 181,eQc;
193,sgF; 194,spa. — nydam: Bemmann, Bem‑
mann 1998, taf. 111,992). eine solche Herleitung
könnte durchaus für das plötzliche auftreten
tauschierter lanzenspitzen in den (ehemaligen)
nordöstlichen provinzen des reiches zutreffen. zwei
Beobachtungen bekräftigen diese annahme. zum
einen finden sich derartig verzierte Waffen (aber
auch gürtelschnallen, messer und taschenbügel)
nicht im gesamten reichsgebiet sondern nur in
den genannten regionen (abb. 4). zum anderen
konnten in genau jenen gebieten weitere Hinweise
auf germanisch‑skandinavische traditionen nach‑
gewiesen werden. in diesem Kontext hat claus von
carnap ‑Bornheim auf den prachtschildbuckel aus
dem grab des „chef militaire“ aus Vermand (dép.
241
Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014
abb. 3. 1 — röntgenbild der lanzenspitze aus dem angelsächsischen gräberfeld von Baginton (Warwickshire, uK).
die pfeile deuten auf die tauschierten Kreisaugen. m. 1:1 (nach evison 1958, taf. XXVii, c). — 2a–b tauschierte
lanzenspitze aus Éprave (prov. namur, B). m. 1:1 (nach dasnoy 1953–54, taf. iV)
242
spätantiKe lanzenspitzen mit tauscHierungen
abb. 4: Verbreitung der spätantiken tauschierten lanzenspitzen im (ehemaligen) römischen reich. 1 — Baginton
(Warwickshire, uK): evison 1958, 243, taf. XXVii,c; 2 — Bourges (dép. cher, F): Kat. mainz 1980, 141, nr. 205,
a; Bailly 1984; Kazanski, périn 2008, 188; 3 — Vermand (dép. aisne, F) „chef militaire“: Kat. mainz 1980, 173
nr. 271, f; 4 — rhenen (prov. utrecht, nl) grab 839: Kat. mainz 1980, 151, nr. 222; Wagner, Ypey 2011, 610–613
mit taf. 47; 5 — Krefeld‑gellep (d) grab 1782: pirling 1974, Bd. ii, 64, taf. 46,1; 6 — Éprave (prov. namur, B):
dasnoy 1953/54, 278–279, taf. iV; 7 — cutry (dép. meurthe‑et‑moselle, F) grab 1004: legoux 2005, 30 [Farb‑
taf.], 84–85, 469; 8 — trier (d) moselbrücke: Kat. trier 1984, 294–296, Kat.‑nr. 155a; Kat. trier 2007, Kat.‑nr.
i.12.30; 9 — trier (d) tempelbezirk altbachtal: Böhner 1958, 159; 10 — Hérapel (dép. moselle, F): Kat. trier 1984,
297–298, Kat.‑nr. 155c; Kat. trier 2007, Kat.‑nr. i.12.31; 11 — Bargen (gem. Helmstadt‑Bargen, rhein‑neckar‑
‑Kr., d) grab 7: Kat. mainz 1980, 142–143, nr. 207; Koch 1982, 43–44, taf. 6,7
aisne, F) und die rechteckigen riemenzungen
mit Wulstende aus dem childerichgrab in tour‑
nai (prov. Hainaut, B) aufmerksam gemacht (von
carnap‑Bornheim 1999). auch der schwertgurt aus
dem grab des 482 n.chr. verstorbenen merowin‑
gerkönigs lässt derartige Bezüge erkennen (Quast
2003). es ist also durchaus wahrscheinlich, dass hier
materielle spuren der „Barbarisierung“ des spätrömi‑
schen Heeres (zuletzt mit weiterer literatur stickler
2011, 298 mit anm. 14) greifbar werden.
die Bedeutung oder Funktion der tauschierten
kaiserzeitlichen lanzenspitzen ist kaum zu bestim‑
men. aus dem römischen reich sind abschlüsse von
standarten bekannt, und auch die Beneficiarier hat‑
ten spezielle lanzenspitzen, deren zeichencharakter
noch dadurch unterstrichen wird, dass es sie auch als
Fibeln gibt (ubl 1993; mráv 2011; allgem. zu den
Beneficariern ott 1995; nelis‑clément 2000). im
Barbaricum fehlen entsprechende Hinweise.
lediglich aus mušov ( Jihomoravský kraj, cz) ist
eine tauschierte lanzenspitze aus einem prunkgrab
243
Honoratissimum assensus genus est armis laudare, KraKÓW 2014
bekannt (droberjar, peška 2002, 106, abb. 5); die
anderen prunkgräber sind aber gerade durch ihre
Waffenlosigkeit charakterisiert. dementsprechend
sind die gräber mit derartigen lanzenspitzen nicht
überdurchschnittlich reich ausgestattet.
interessant sind in diesem Kontext aber die
mooropferplätze, sind doch gerade von dort zahl‑
reiche tauschierte speer‑ und lanzenspitzen überlie‑
fert. claus von carnap ‑Bornheim und Jørgen ilkjær
(1996, 483) haben bei der auswertung von illerup
(skanderborg amt, Jütland, dK) einen innovativen
ansatz zur analyse der strukturen kaiserzeitlicher
Kriegerverbände vorgestellt. anhand der Funde
ließen sich drei ausstattungsniveaus rekonstruie‑
ren: niveau 1 weist schwerter, schilde, gürtel und
reitausrüstungen mit Beschlägen aus vergoldetem
silber auf. nur 2 % des Bestandes sind diesem ni‑
veau zugehörig, das von den beiden Bearbeitern
mit den Heerführern in Verbindung gebracht wird.
dem niveau 2 sind schwerter, schilde, gürtel und
reitausrüstungen mit Beschlägen aus Bronze zuge‑
hörig. es handelt sich um 10 % des Bestandes, das
den „offizieren“ zugewiesen wird. mit 88 % bildet
das niveau 3 die mit abstand größte gruppe („ge‑
meine/infanterie“). Kennzeichnend sind speere,
lanzen und schilde, die vorwiegend eisenbeschläge
hatten. das enge typenspektrum lässt vermuten,
dass die Waffen aus „Waffenkammern“ kamen und
den gefolgsleuten zur Verfügung gestellt wurden
(von carnap ‑Bornheim 1992).
Betrachtet man vor diesem Hintergrund die
tauschierten speer‑ und lanzenspitzen, so ergibt
sich das folgende Bild. aus illerup (platz a) liegen
366 lanzen‑ und 410 speerspitzen vor (ilkjær 1990,
257). tauschiert waren nur wenige davon nämlich
drei speer‑ (1 ex. typ 6; 2 ex. typ 8 „simris“) und
16 lanzenspitzen (sämtlich typ 19 „Vennolum“)
(ilkjær 1990, 160–162 tab. 101 und 255 tab. 175).
das bedeutet, dass nur 0,72 % der speere und 5,2 %
der lanzen derart verziert waren. damit liegen sie
statistisch gesehen im Bereich des niveaus 2. damit
erschöpft sich aber schon die aussage, denn ob es
sich um „Feldzeichen“, besonders wirkmächtige
Waffen oder persönliche auszeichnungen handelt,
ist nicht zu klären; ebenso wenig die Beziehung der
tauschierten zu den anders verzierten exemplaren
(vgl. z. B. ilkjær 1990, 32–33 „Verzierungselemente
1–16;23–25“).
244
literaturVerzeicHnis
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Dieter Quast
römisch‑germanisches zentralmuseum
Forschungsinstitut für archäologie
ernst‑ludwig‑platz 2
55116 mainz
quast@rgzm.de
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